Wissen, woher der Wind weht.

Topthema 03/2017: Kassensysteme

Papierrollen sind Geschichte

Seit Jahresbeginn müssen alle elektronischen Kassen höhere Anforderungen an die Archivierung erfüllen, spätestens ab 2022 auch an die Manipulationssicherheit. Wer Organisation und Technik nicht anpasst, riskiert scharfe Sanktionen.

Der Gedanke an die letzten Betriebsprüfungen lässt Elmar Fedderke kalt. „Es fanden sich keine Mängel, wir hatten keine Nachzahlung“, so der Geschäftsführer des Küchenstudios W. Walgenbach GmbH & Co. KG in Düsseldorf. Das ist beachtlich – im Einzelhandel entdecken Finanzbeamte oft Fehler in der Kassenbuchführung. „Unsere Mitarbeiter sind gut im Umgang mit dem Kassensystem geschult und wissen genau, worauf sie achten müssen“, sagt Fedderke. Die Firma nutzt aktuelle Software und erhält von den Herstellern regelmäßige Updates. Den souveränen Umgang mit dem Thema Betriebsprüfung erleichtert die Tatsache, dass Fedderke und seine Co-Geschäftsführer sich regelmäßig mit dem Steuerberater austauschen: „Er informiert uns über wichtige Neuerungen, und an seine Empfehlungen halten wir uns.“

Schon wieder neue Vorgaben

Das ist eine weise Entscheidung, denn im Steuerdschungel mit seinem Gewirr aus Gesetzen, Verordnungen, Urteilen und Anwendungserlassen verlieren Firmenchefs ohne kundigen Führer leicht die Orientierung. Ein Beispiel für überraschende Regeländerungen sind die Kassensysteme. Seit Jahresbeginn dürfen nur elektronische Lösungen genutzt werden, die jede Einzelbewegung aufzeichnen und zehn Jahre unveränderbar speichern. Tagesendsummen und Einzelbewegungen sind täglich zu sichern und in maschinell lesbarer Form zu archivieren. Die Anforderungen waren bekannt, Unternehmer konnten sich vorbereiten. Dann stellte die Bundesregierung kurz vor Ende der Übergangsfrist den Entwurf für eine weitere Gesetzesänderung vor, die Manipulationen verhindern und strengere Regeln für Betriebe mit Registrierkassen vorgeben soll. Ärgerlich für alle, die gerade in neue Technik investiert hatten, um die ab 2017 geltenden Vorgaben zu erfüllen: Möglicherweise müssen sie die Kasse bis 2020 oder zum Ende einer Übergangsfrist am 1. Januar 2022 schon wieder austauschen oder aufrüsten. Ob sie betroffen sind und wie die Neuerungen sich auf die Organisation der Kassenführung oder die Aufzeichnungspflichten auswirken, sollten Firmenchefs mithilfe eines Experten klären. „Wir empfehlen jedem, der mit einer elektronischen Registrierkasse arbeitet, ein Gespräch mit dem Steuerberater“, unterstreicht deshalb Lothar Herrmann, Präsident der Steuerberaterkammer Hessen.

Anforderung ist zu erfüllen

Der kann plötzliche Gesetzesänderungen nicht ahnen – aber er weiß, wie darauf zu reagieren ist. So ärgerlich überraschende Neuregelungen auch sein mögen, sie sind zu beachten. Mit dem Einsatz einer seit Januar verpflichtenden Lösung zu warten und später ein System zu kaufen, das die ab 2020 geltenden Vorgaben erfüllt, ist keine Option. Entdeckt der Betriebsprüfer beim nächsten Besuch eine veraltete Kasse, sind bestenfalls hohe Zuschätzungen fällig. Zudem ist noch nicht absehbar, wann die detaillierten Anforderungen in Sachen Manipulationssicherheit feststehen. Klar ist nur, was sich grundsätzlich ändert. Ein Sicherheitszertifikat für elektronische Kassen soll Veränderungen an Aufzeichnungen im Nachhinein ausschließen. „Das Stichwort ist ‚Unveränderbarkeit‘“, so Herrmann. Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung könnte ein Modul, ein Speicherstick, eine digitale Schnittstelle sein. Bis Mitte 2017, heißt es in Berlin, bestimmt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, was das Zertifikat beinhaltet. „Übergangsfristen für die erforderlichen Investitionen in neue Kassensysteme sind daher von großer Bedeutung“, sagt Claudia Kalina-Kerschbaum, Geschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer. „Wir begrüßen die im Regierungsentwurf vorgesehene Regelung.“ Sie sollte aber einfacher werden. Unternehmer, die von 2010 bis 2016 eine bauartbedingt nicht aufrüstbare Kasse angeschafft haben, dürfen sie bis Ende 2021 nutzen. Alle anderen brauchen bereits ab 1. Januar 2020 eine neues Gerät mit zertifi zierter technischer Sicherheitseinrichtung. „Es kann dadurch zu Missverständnissen kommen, weil unterschieden werden muss, ob die Kasse bauartbedingt aufrüstbar ist oder nicht“, warnt Kalina-Kerschbaum.

Bald droht Kassen-Nachschau

Unmissverständlich sind schon jetzt die Prüfmöglichkeiten des Fiskus in Form der Kassen-Nachschau. Ab 2018 kann ein Mitarbeiter des Finanzamts unangekündigt zu den üblichen Öffnungszeiten ins Geschäft kommen und die Kassenführung inspizieren – computergestützte Systeme wie auch Registrier- und offene Ladenkassen. Er darf Kassenbücher, Aufzeichnungen sowie relevante Organisationsunterlagen sehen und elektronische Daten über die digitale Schnittstelle abrufen oder auf Datenträger abspeichern lassen. „Unternehmer sollten gegenüber dem Finanzamt auch jederzeit erklären können, wie ihre elektronische Kasse programmiert ist“, rät Herrmann. Wenig Aufwand haben mit den Anforderungen wohl Betriebe, die im größeren Verbund arbeiten. „Unsere Kassen sind direkt mit unserer Zentrale verbunden, wir erhalten regelmäßig Updates“, sagt Ursula Wintgens, die die Rewe Wintgens OHG in Bergisch Gladbach führt. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir in den nächsten Jahren teuer investieren müssen.“ Das sollte aber ebenso mit dem Steuerberater geprüft werden wie der mögliche Verzicht auf eine elektronische Kasse. Markthändler oder Betreiber offener Verkaufsstellen mögen dies als Alternative betrachten. Doch ist zu erwarten, dass Unternehmen mit offenen Ladenkassen schärfer kontrolliert werden. Zudem erfordert dies hohen Aufwand und eine durchdachte Organisation: Täglich müsste der Firmenchef dem Kassenbericht ein Zählprotokoll über den Kassenbestand beifügen. Bargeschäfte machen eben immer irgendwie Arbeit.

Quelle: DATEV TRIALOG, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 1/2017. Autorin: Eva-Maria Neuthinger.

Kontaktieren Sie uns

    Rufen Sie mich an

    * Pflichtfeld