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Topthema 05/2017: Rechtsformwechsel

Kurs halten mit neuem Modell

Wer Märkte erobern, frisches Kapital anlocken, die Haftung begrenzen oder die Nachfolge sichern will, sucht für sein Unternehmen oft eine andere juristische Hülle. Anwalt und Steuerberater helfen bei der Auswahl, sie kennen alle Vorteile und Stolpersteine.

„Wir sind nicht größenwahnsinnig geworden“, sagt CEO Reza Etemadian, wenn er erklärt, warum seine Würzburger Softwareschmiede iTiZZiMO drei Jahre nach Gründung als neue Rechtsform die AG wählte. Er will international expandieren. „Als Aktiengesellschaft war es leichter, Investoren an Bord zu holen“, so Etemadian. „Internationalen Finanziers ist die Rechtsform vertraut.“ Erster Schritt ins Ausland war die Gründung der iTiZZiMO Inc. in den USA: „Die Nachfrage nach unserem Produkt Simplifi er ist da.“ Die Plattform Simplifi er unterstützt Unternehmen unabhängig von Branche oder Geschäftsfeld bei der Digitalisierung. Investoren steckten schon fünf Millionen Euro in das Unternehmen. Mit der Umwandlung der GmbH in eine AG hielt sich der Mittelständler auch eine Option für die Zukunft offen: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir an die Börse gehen“, sagt Etemadian, um dann einzuschränken: „Wahrscheinlicher aber ist ein solider Wachstumsprozess.“ Leistungsträger will er bereits heute mit Aktienoptionen an die Firma binden und am Erfolg beteiligen: „Das ist ein schöner Nebeneffekt der Umfirmierung.“

WECHSELGRUND HERAUSARBEITEN

Es gibt viele Gründe für einen Wechsel der Rechtsform, etwa Änderungen bei Unternehmenssituation und strategischer Ausrichtung sowie steuerliche Überlegungen. Steigt der Umsatz, gründen Firmenchefs oft eine GmbH, die als juristische Person beispielsweise bei der Auftragsvergabe einen Vorteil bringen könnte. Drohen mit der Ausweitung des Geschäfts höhere Risiken, möchten Inhaber ihre persönliche Haftung begrenzen. Wachstumsunternehmen werden mit gut handelbaren Anteilsscheinen attraktiver für Kapitalgeber oder Topmanager. Auch wer seine Nachfolge

plant, kommt nicht an dem Thema vorbei, wenn er die Übergabe steuerlich optimieren und sein Lebenswerk bewahren möchte. Die Rechtsform beeinflusst zudem, wer die Geschäfte führt und den Unternehmenskurs bestimmt, ob Gesellschafter aufgenommen werden können und welche Bilanzierungs- und Publizitätspflichten gelten. Entschieden werden sollte über die Rechtsform nie ohne fachliche Expertise und genaue Analyse des Unternehmens. Der Steuerberater hilft, exakt die Lösung zu identifizieren, mit der sich strategische und wirtschaftliche Ziele am besten erreichen lassen. Der Anwalt formuliert die Dokumente. „Eine wichtige Rolle spielen die steuerrechtlichen Besonderheiten jeder Gesellschaftsform sowie die Anforderungen an die Rechnungslegung, die mit erheblichen Kosten verbunden sein können“, meint Hartmut Schwab, Vizepräsident der Bundessteuerberaterkammer (BStBK).

AN DIE STEUERBELASTUNG DENKEN

Der Steuerberater legt dem Mandanten genau dar, wie das Umfirmieren die Steuerlast und Liquidität beeinflusst. „Die private Situation der Anteilseigner muss berücksichtigt werden“, sagt Jens Eric Gotthardt, Vorsitzender des Fachausschusses Gesellschaftsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer. Eine der wichtigsten Fragen sei: „Sind regelmäßige private Entnahmen geplant?“

Die meisten Gründer starten als Einzelunternehmer oder – bei mehreren Partnern – Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der bürokratische Aufwand ist gering: Sie melden ein Gewerbe an. Kaufleute benötigen einen Eintrag ins  Handelsregister. Der Einzelunternehmer trägt dann den Zusatz e.K. (eingetragener Kaufmann), mehrere Personen können als Offene Handelsgesellschaft (OHG) firmieren. Einzelunternehmen sind günstig zu gründen und leicht zu handhaben. „Es ist kein festes Kapital zu erbringen und keine Mindesteinlage zu leisten“, so Schwab. Die Steuererklärung bleibt überschaubar. Der ermittelte Gewinn entfällt auf den Unternehmer und wird von ihm persönlich versteuert. Er haftet jedoch für Verluste mit seinem Privatvermögen.

STILLE RESERVEN NICHT AUFDECKEN

Mit steigendem Umsatz und der Expansion in neue Geschäftsfelder stellt sich Unternehmern schnell die Frage nach einer Haftungsbegrenzung, also einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Das Mindeststammkapital beträgt 25.000 Euro. Bei einer Insolvenz ist dann nur das Firmenvermögen weg. Weitere Vorteile: Anteile lassen sich leichter übertragen, Kapitalgeber und Fremdgeschäftsführer an Bord holen. „Auch die Akzeptanz einer Kapitalgesellschaft ist im Ausland häufig größer“, weiß BstBK-Vize Schwab. „Der Formwechsel von einer Personen- zur Kapitalgesellschaft ist aber ein großer Schritt, der intensiv besprochen werden muss“, warnt Gesellschaftsrechtsexperte Gotthardt, denn damit ändert sich die Besteuerung. Die GmbH zahlt Körperschaftsund Gewerbesteuer. Gewinne sind, anders als bei Personengesellschaften, von den Gesellschaftern erst zu versteuern, wenn sie ausgeschüttet werden. Verluste können nicht mit anderen Einkünften der Anteilseigner verrechnet werden. Dazu kommt – größenabhängig – die Pflicht, eine Bilanz aufzustellen und prüfen zu lassen sowie den Jahresabschluss offenzulegen. „Es muss darauf geachtet werden, dass der Rechtsformwechsel steuerneutral erfolgt, also ohne die Aufdeckung stiller Reserven“, betont Schwab einen weiteren Aspekt. Großer Beliebtheit erfreut sich bei Mittelständlern auch die GmbH & Co. KG. Dahinter steckt eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Vollhafter (Komplementär) nicht der Unternehmer selbst, sondern eine GmbH ist. Die weiteren Gesellschafter, die Kommanditisten, sind reine Geldgeber. Sie haben keinen Einfluss aufs Geschäft, erhalten eine Verzinsung und haften mit ihrem investierten Kapital. Der Charme dieser Lösung: Die Firma ist trotz Haftungsbeschränkung eine Personengesellschaft. So können sich steuerliche Vorteile ergeben, die aber im Einzelfall genau mit dem Steuerberater zu prüfen sind.

Stefan Voelkel dachte kaum an Steueroptimierung, als er seine Nachfolge vorbereitete – er wollte das Lebenswerk der Familie bewahren. Schon seine Großeltern stellten Säfte mit Früchten und Gemüse aus biologischem Anbau her. Dieser Tradition ist die Voelkel GmbH im niedersächsischen Höhbeck-Pevestorf treu geblieben. Damit es so bleibt, brachten Voelkel und seine Schwester ihre Firmenanteile in eine Familienstiftung sowie eine gemeinnützige Stiftung ein, die soziale Projekte fördert.

UNBEDINGT EXPERTEN EINSCHALTEN

Eine Satzung legt fest, dass die Firma nur Biosaft herstellt und nicht verkauft werden kann. Der Senior hat das Erben ausgeschlossen. Seine vier erwachsenen Söhne unterschrieben eine Pflichtteilsverzichterklärung. „Es soll kein Geld aus der Firma gezogen werden“, so Voelkel. Die Söhne arbeiten im Betrieb – „für Gehalt“, betont der Vater. Zudem sitzen sie im Kuratorium der Stiftung. „Später bestimmen sie die Geschäftsleitung oder führen die Geschäfte, wenn sie geeignet sind“, sagt der Senior. Solche Veränderungen sind anspruchsvoll. Beachtet werden müssen nicht nur die Auswirkungen auf Gesamtsteuerbelastung und Liquidität. Auch die exakte Formulierung maßgeschneiderter Verträge ist wichtig. Ohne Unterstützung durch Steuerberater und Anwalt lässt sich der Wechsel der Rechtsform kaum bewältigen.

 Quelle: DATEV TRIALOG, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 02/17.  Autorin: Sigrun an der Heiden.

 

 

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