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Topthema 08/2019: Aufbewahrungsfristen: Darauf müssen Sie unbedingt achten

Auf­be­wahr­ungs­frist­en sind ein kom­plexes The­ma. Meh­re­re Ge­setze ge­ben et­was vor – und letzt­lich gilt die Ab­ga­ben­ord­nung. Aber das macht al­les nicht leich­ter. Daher soll­ten Un­ter­neh­mer al­le ein­schlä­gi­gen Re­ge­lungen in­ten­siv mit dem Steu­er­be­ra­ter be­sprechen.

Das deutsche Steuerrecht gilt aus gutem Grund als hochkomplex. Klar, dass Unternehmer alle steuerrelevanten Unterlagen aufbewahren müssen – und zwar revisionssicher archiviert. Doch wer glaubt, zur Orientierung über die maßgeblichen Aufbewahrungsfristen mal eben kurz irgendwo nachschlagen zu können, der wird enttäuscht. Neben steuerrechtlich verbindlichen Pflichten aufgrund der Abgabenordnung (AO) gibt es weitere Vorgaben, die Firmenchefs mit Blick auf Aufbewahrungsfristen beachten müssen. Auch was nicht in der AO steht, sondern aufgrund anderer bindender Vorgaben zu beachten ist, müssen Unternehmer steuerrechtlich aufbewahren. Das legt die Abgabenordnung grundsätzlich vorsorglich und pragmatisch fest. Umgekehrt gelten immer die Aufbewahrungsfristen aus der AO. Alles Weitere ist dann komplizierter. Und das sollten Unternehmer mit ihrem Steuerberater besprechen.

Es gelten die Aufbewahrungsfristen der Ab­ga­ben­ordnung

Die diversen Aufbewahrungspflichten sind nicht leicht zu überblicken. Die Abgabenordnung gibt die bei Besteuerung maßgeblichen Regelungen zur geordneten Aufbewahrung zahlreicher Unterlagen vor. Weitere Gesetze  machen ebenfalls Vorgaben: Etwa das Handelsgesetzbuch (HGB) für Kaufleute, das Umsatzsteuergesetz, das Vierte Sozialgesetzbuch und das Mindestlohngesetz. Falls andere Gesetze kürzere Aufbewahrungsfristen nennen, haben diese jedoch keine Auswirkung auf Aufbewahrungspflicht und Aufbewahrungsfristen nach der AO. Letztlich gültig sind für Unternehmer die in der AO aufgeführten Aufbewahrungsfristen von zehn und sechs Jahren. Danach müssen Unternehmer zehn Jahre aufbewahren:

  • Bücher und Aufzeichnungen
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse
  • Lageberichte
  • Eröffnungsbilanzen
  • Sonstige Organisationsunterlagen
  • Buchungsbelege
  • Zollunterlagen

Für folgende Unterlagen ist eine Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren vorgesehen:

  • Empfangene Handels-und Geschäftsbriefe
  • Wiedergaben der abgesandten Handels-und Geschäftsbriefe
  • Sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Der Zweck, den Aufzeichnungen und Buchführung für die Besteuerung erfüllen sollen, muss erreicht werden, gibt die AO grundsätzlich vor.

Aufbewahrungsfristen sind nicht so ein­fach zu be­rechnen

Wie lange welche geschäftliche Unterlagen konkret aufzubewahren sind, lässt sich aber auch nach der AO nicht immer ganz einfach errechnen. Denn die Aufbewahrungsfrist beginnt für Steuerzwecke nicht bereits mit dem Ablauf des genannten Jahres, sondern „stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind.“ Und bei Vertragsunterlagen erst nach Ablauf des Vertrages. Unternehmer sollten daher lieber noch mindestens ein bis zwei Jahre für die Aufbewahrung drauflegen – und im Zweifel ihren Steuerberater fragen. Ist eine Rechnung erstmal futsch, die Jahre später ein Betriebsprüfer als Beleg für die Rechtmäßigkeit eines Betriebsausgaben- oder Vorsteuerabzugs sehen will, wäre es für den Unternehmer dumm gelaufen.

Aufbewahrungsfristen A-Z

Unterlagen Aufbewahrungsfrist in Jahren
Abrechnungsunterlagen 6
Aktenvermerke 6
An-, Ab- und Ummeldungen/Sozialversicherung 10
Arbeitnehmersparzulage (Verträge) 6
Auftragsbestätigungen 6
Außendienstabrechnungen 10
Bankbelege 10
Belegzusammenstellungen 10
Betriebsabrechnungsbögen 10
Betriebskostenabrechnungen 6
Betriebsprüfungsberichte 6
Bewirtungsbelege 10
Buchungsbelege 10
Buchungsunterlagen 10
Dauerauftragsunterlagen 6
Entgeltbelege/-listen 10
Essenmarkenabrechnung 6
Fahrtenbücher 10
Fehlerprotokoll bei EDV-Buchführung 10
Finanzberichte 6
Geschenknachweise 6
Kontoauszüge 10
Lohnbelege/-listen 6
Lohnsteueranmeldung 10
Magnetbänder zur Datensicherung 10
Mikrofilme zur Datensicherung der Buchführung 10
Pensionskassenunterlagen 10
Portokassenbücher 10
Preislisten (Speise- und Getränkekarten), soweit sie Buchungsunterlagen sind 10
Programmbeschreibung für EDV 10
Provisionsabrechnungen und Unterlagen 10
Prozessunterlagen 6
Quittungen 10
Rechnungen 10
Reisekostenabrechnungen (Buchungsbeleg) 10
Sachkonten 10
Schecks 6
Steuererklärungen 10
Steuerunterlagen 10
Telefonrechnungen 10
Vermögenswirksame Leistungen, Buchungsunterlagen 10
Verträge 6
Werbegeschenknachweise 10
Zahlungsanweisungen 10
Zinsberechnungen (Buchungsbeleg) 10

Quellen: Handelsgesetzbuch (Hgb § 238 und § 257) sowie Abgabenordnung (AO § 147)

Aufbewahrungsfristen kön­nen in die Ver­läng­erung gehen

Firmenchefs sollten die vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen großzügig auslegen. Sehr großzügig – denn sie können sich erheblich verlängern. Der Grund dafür ist die Festsetzungsfrist eines nicht endgültigen Steuerbescheids. Die Festsetzungsfrist beträgt zwar vier Jahre und der Fristlauf startet am 1. Januar nach dem Jahr, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde. Doch sie kann sich erheblich verlängern, sobald die Strafstelle der Finanzbehörde aktiv wird, etwa wegen Verdachts auf eine mutmaßliche Steuerstraftat. Dann steigt die Frist auf:

  • fünf Jahre, wenn das Finanzamt eine „leichtfertige Steuerverkürzung“ feststellt (eine Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO) oder
  • zehn Jahre, wenn das Finanzamt eine Steuerhinterziehung feststellt (Straftat nach § 370 AO).

Ein vorläufiger Bescheid für das Jahr 2006 ist unter Umständen also erst 2020 endgültig. Haben Unternehmer die dazugehörigen Unterlagen fristgerecht nach zehn Jahren – Anfang 2017 – vernichtet, fehlen Beweise, falls das Finanzamt nachträglich etwas ändert.

So gehen Unternehmer mit dem Risiko der Verlängerung um

Auf Nummer Sicher gehen Unternehmer daher mit Blick auf die Aufbewahrungsfristen durch ein Gespräch mit dem Steuerberater. Erst wenn der Steuerberater es gutheißt, sollte der Reißwolf in Aktion treten. Zudem sollten sie Unterlagen über die vorgeschriebenen Fristen hinaus bis zum Abschluss eines Verfahrens auf jeden Fall immer aufbewahren bei

  • einer bereits begonnenen Außenprüfung durch das Finanzamt,
  • einer abgeschlossenen Außenprüfung, gegen die der Unternehmer einen Einspruch plant,
  • Ermittlungen unter strafrechtlichen Aspekten (Steuerstrafdelikte) oder
  • eigenen Steueranträgen.

Zu den Aufbewahrungsfristen kom­men noch Pflichten

Zu wissen und zu beachten, welche Aufbewahrungsfristen wie lange gelten und dass immer die Abgabenordnung maßgeblich ist, ist das eine. Doch wie Unternehmer ihren buchhalterischen Pflichten im Detail nachkommen müssen, ist in Zeiten von elektronischer Buchhaltung, Rechnungsstellung und Bilanzierung nicht immer ohne Weiteres ersichtlich. Die Abgabenordnung regelt es nicht. Wie Unternehmer ihre Bücher und Aufzeichnungen führen müssen, legen die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ fest. Diese sehr wichtige Vorgabe für Unternehmer ist kein Gesetz, sondern eine Verwaltungsvorschrift des Bundesfinanzministeriums an die Finanzbehörden. Eine nützliche Handreichung hierzu bietet der mit Unterstützung von DATEV entstandenen „Leitfaden GoBD“ der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AWV).

Firmenchefs sollten die vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen großzügig auslegen. Sehr großzügig – denn sie können sich erheblich verlängern.

Das legen die GoBD in Sa­chen Auf­bewahr­ungs­fristen fest

Die GoBD setzen mit Blick auf die Aufbewahrungsfristen und auch allgemein keine anderen Gesetze außer Kraft. Sie stellen fest: Eine Aufbewahrungspflicht besteht, wenn eine Aufzeichnungspflicht besteht – nach welcher anderen verbindlichen Vorgabe auch immer. Der Steuerberater berät Unternehmer diesbezüglich. Die Unterlagen müssen Firmenchefs laut GoBD dann geordnet aufbewahren. Es erreicht also nicht, sie einfach in einen Schuhkarton zu packen. Archivierungspflichtige Unterlagen dürfen Unternehmer keinesfalls unsortiert sammeln. Sie müssen sie immer im Zusammenhang mit dem jeweils betroffenen Geschäft oder Sachverhalt ablegen oder abspeichern. Hierbei gibt es allerhand zu beachten – die GoBD liefern hierfür die Grundsätze. Details und technische Lösung sollten Unternehmer mit ihrem Steuerberater besprechen. Wichtig ist in jedem Fall eine Verfahrensdokumentation. Sie muss dem Betriebsprüfer den nötigen Einblick in die Buchführung und Datenspeicherung geben – darüber war hier bereits zu lesen.

Auch diese Gesetze beeinflussen Aufbewahrungsfristen

Neben der für die Besteuerung maßgeblichen Abgabenordnung und dem für Kaufleute zusätzlich geltenden Handelsgesetzbuch legen weitere Gesetze konkrete Aufbewahrungsfristen fest.

  • Das Umsatzsteuergesetz verpflichtet Unternehmer, sämtliche empfangenen und ausgestellten Rechnungen für zehn Jahre aufzubewahren – beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.
  • Das Vierte Sozialgesetzbuch betrifft Entgeltunterlagen der Beschäftigten eines Unternehmens mit Blick auf die Beitragspflicht. Arbeitgeber müssen Entgeltunterlagen bis zum Ablauf des auf die letzte Betriebsprüfung folgenden Kalenderjahres aufbewahren, geordnet und getrennt nach Kalenderjahren.
  • Das Mindestlohngesetz (MiLoG) sieht vor, dass Arbeitgeber aus den in Paragraph 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereichen verpflichtet sind, bei den Beschäftigten den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren – beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt.

Die Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung reguliert das Lö­schen

Während Einkommensteuergesetze, Mindestlohngesetz oder auch etwa das Umsatztsteuerrecht regeln, wie lange Unternehmer Unterlagen mindestens aufbewahren müssen, sieht die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dem Grundsatz der Datensparsamkeit entsprechend einen direkten Löschzwang vor. Laut DSGVO müssen Unternehmen erhobene und verarbeitete Daten also löschen, sobald diese nicht mehr für den anzugebenden Zweck benötigt werden. Sofern dem allerdings gesetzliche Aufbewahrungspflichten gegenüberstehen, etwa nach der Abgabenordnung oder dem Handelsgesetzbuch, können solche Aufbewahrungspflichten neue Zwecke der Datenverarbeitung begründen. Die Daten müssen dann auch nach Ablauf der eigentlichen Zweckbindung nicht gelöscht werden. Details sollten Unternehmer mit einem Rechtsanwalt besprechen.

Auch an private Auf­bewahr­ungs­fristen denken

Diesen zusätzlichen Aufzeichnungspflichten müssen Unternehmer selbstverständlich nachkommen. Auch wenn im Zweifel die tendenziell längeren Aufbewahrungsfristen nach der Abgabenordnung darüber hinaus für sie gelten. Am besten, Unternehmer lassen sich vom Steuerberater instruieren, sofern sie die Buchführung nicht gleich an ihn delegieren. Auch an ihre privaten Unterlagen sollten Unternehmer denken. Für Privatleute gibt es zwar weniger Aufbewahrungsfristen – aber es gibt sie. Nach dem Umsatzsteuergesetz beziehen sie sich auf Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen, die Privatpersonen etwa im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück haben – sämtliche Bauleistungen, planerische Leistungen, die Bauüberwachung, Renovierungsarbeiten, das Anlegen von Bepflanzungen oder auch etwa Gerüstbauarbeiten. Unternehmer müssen Privatperson darüber in der Rechnung informieren. Und ganz unabhängig von gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sollten Unternehmer privat manches sogar unbegrenzt aufbewahren.

 

Quelle: DATEV TRIALOG, der Blog für Unternehmer, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Autor: v am Freitag, 19 Juli 2019. Artikel aufrufbar unter: https://www.trialog-magazin.de/2019/07/19/aufbewahrungsfristen-das-muessen-sie-unbedingt-beachten/

 

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