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Topthema 11/2015: Ehrenamt

Spiel mit komplizierten Regeln

Viele Unternehmer engagieren sich gemeinnützig in Vereinen oder Verbänden. Bei der damit verbundenen Aufwandsentschädigung sind steuerliche Besonderheiten zu beachten. Außerdem müssen Ehrenamtliche ihre Haftungsrisiken kennen.

Ein Tag pro Monat – das ist Mike Ettengruber sein ehrenamtlicher Einsatz allemal wert. Seit 20 Jahren engagiert sich der Geschäftsführer des Stuttgarter Heizungsbau- und Sanitärunternehmens Dieter Ettengruber GmbH für das Technische Hilfswerk (THW), wo er etwa bei Großeinsätzen warme Mahlzeiten für bis zu 1.000 Helfer zubereitet: „Statt zur Bundeswehr zu gehen, habe ich den Ersatzdienst beim THW absolviert und bin dabei geblieben.“ Die gemeinnützige Arbeit macht Spaß, ist aber auch fordernd. „Manchmal wird es schwierig, die Interessen der Firma mit den Aufgaben beim THW zu vereinbaren“, erinnert sich Ettengruber daran, dass er schon mal zwei Wochen am Stück aktiv war: „Da blieb im Betrieb einiges liegen.“ Einmal musste er 700 Kilometer von einer Schulung zurückfahren, da dringend Geschäftliches zu regeln war – für eine Aufwandsentschädigung von 200 Euro im Jahr.

Wie Ettengruber arbeitet laut Marktforschungsinstitut IfD Allensbach jeder zweite Deutsche ehrenamtlich – im Sportverein, in kulturellen Förderkreisen und in religiösen oder sozialen Einrichtungen. Wenn überhaupt, gibt es dafür zwar kaum Geld. Trotzdem sollten die Zahlungen bei der Steuererklärung angegeben werden. „Für Einnahmen aus Ehrenämtern gelten Sonderregeln, sie sind meist steuer- und abgabenfrei“, sagt Franz Plankermann, Vorsitzender des Steuerberaterverbands Düsseldorf. Es gilt aber, abhängig von der jeweiligen Tätigkeit, verschiedene Höchstgrenzen bei den Einnahmen sowie Besonderheiten in puncto Haftung zu beachten.

PAUSCHALE ODER FREIBETRAG?

2.400 Euro im Jahr beträgt die steuerfreie Übungsleiterpauschale. Sie ist auf wenige Tätigkeiten beschränkt, vor allem als Erzieher oder Ausbilder. In Anspruch nehmen sie vor allem Chorleiter, Trainer im Sportverein oder Dozenten in der Aus- und Weiterbildung. Auftraggeber muss eine gemeinnützige Organisation oder öffentliche Einrichtung sein, und die Nebentätigkeit darf maximal ein Drittel der hauptberuflichen Arbeitszeit ausmachen. Vom Betreuerfreibetrag in gleicher Höhe profitieren Ehrenamtliche, die als Vormund helfen. Sind die Bedingungen erfüllt, kann die Pauschale auch für mehrere niedrigere Leistungen von verschiedenen Zahlern bis zur Höchstgrenze genutzt werden.

Wer anderweitig gemeinnützig engagiert ist, erhält den Ehrenamtsfreibetrag. Bis zu 720 Euro im Jahr sind steuerund sozialversicherungsfrei. Er gilt für nur eine Tätigkeit, auch wenn der Freiwillige sich in verschiedenen Organisationen einbringt – die Pauschale kann weder mehrfach in voller Höhe beansprucht werden, noch lassen sich verschiedene niedrigere Zahlungen bis auf 720 Euro addieren. Dafür ist es in bestimmten Konstellationen möglich,Übungsleiterpauschale wie auch Ehrenamtsfreibetrag zu erhalten. Das sollte aber mit dem Steuerberater überprüft werden.

KOSTEN ANSETZEN ODER NICHT?

Die meisten Unternehmer sehen über solche Details hinweg. „Wer Gutes tun will, achtet nicht auf die Höhe der Aufwandsentschädigung und die Steuern“, so Hartmut Schwab, Präsident der Steuerberaterkammer München. Dorothee Martin etwa arbeitet seit 25 Jahren für verschiedene Institutionen. Unter anderem dient die Seniorchefin der Firma Driesch Anlagentechnik in Menden als Laienrichterin am Arbeitsgericht Iserlohn und am Landgericht Arnsberg – unentgeltlich: „Im Prinzip erhalte ich nur meine Kosten, etwa für Fahrten und Kopien.“ Das macht ihr nichts aus. „Für die Tätigkeit wurde ich vom Arbeitgeberverband vorgeschlagen“, so Martin. „Es bereitet mir Freude, meine Erfahrung als Firmenchefin bei Gericht einzubringen und damit gemeinnützig tätig zu sein.“

Da dieses Denken weit verbreitet ist, gibt es oft keinen Lohn und nicht einmal die Erstattung entstandener Kosten. Genau hier schnappt dann eine Steuerfalle zu – wenn jemand nämlich aus Unkenntnis den Aufwand für seine gemeinnützige Tätigkeit in der Steuererklärung unterbringen will. „Erhalten Ehrenamtliche keine Leistungen für ihr Engagement, lässt das Finanzamt auch den Werbungskostenabzug in der Regel nicht zu“, betont Plankermann.

MIT FUNKTION IN DER HAFTUNG?

Wer ehrenamtlich an entscheidender Stelle tätig ist, muss hinterfragen, welche Verantwortung er für finanzielle Leistungen trägt, die er in seiner Funktion veranlasst. Ein Vorstand im Sportverein etwa sollte intensiv mit dem Steuerberater darüber reden, ob eine Aufgabe unter die Übungsleiterpauschale fällt oder regulärer Lohn fällig ist. Bei einer Tätigkeit außerhalb der Übungsleiterpauschale muss der arbeitsrechtliche Rahmen beachtet werden, unter anderem die Regeln des Minijob- beziehungsweise des Mindestlohngesetzes. Zudem sollten sich verantwortlich tätige Ehrenamtliche in Sachen Haftungsrecht beraten lassen. Großzügige Regeln gelten hier nur für den, der unentgeltlich tätig ist oder maximal 720 Euro im Jahr erhält. Er haftet dann für von ihm verursachte Schäden ausschließlich bei grober Fahrlässigkeit. Die Beweislast liegt beim Verein.

Unternehmer Ettengruber beschäftigt sich nicht mit solchen Eventualitäten: „Bei echten Einsätzen über mehrere Tage zahlt das THW eine Art Gehalt.“ Das gibt er in der Steuererklärung an. Er kümmert sich nicht um die Details, wann welcher Betrag wie in welche Pauschale eingeht oder Aufwände geltend gemacht werden können: „Ich überlasse es meinem Steuerberater, den Fiskus zufriedenzustellen.“

Das ist bei der Pauschale wichtig

EINNAHMEN: Bis zu 720 Euro im Jahr sind steuer- und sozialabgabenfrei. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betrag auf einen Schlag oder in monatlichen Raten überwiesen wird.

AUSGABEN: Sämtliche aus der Tätigkeit entstehende Kosten sind damit abgegolten. Es müssen keine Belege eingereicht werden.

BEGÜNSTIGTE: Der Ehrenamtsfreibetrag gilt für Tätigkeiten, die gemeinnützigen, kirchlichen und mildtätigen Zwecken dienen. Die Zahlung muss von einer gemeinnützigen Organisation oder juristischen Person öffentlichen Rechts kommen, also etwa von Kammern, Gemeinden, Ländern, Kreisen und Kirchen. Parteien oder Arbeitgeberverbände fallen nicht darunter.

Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 4/2015. Text: Eva-Maria Neuthinger. www.datev.de/trialog

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