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Topthema 12/2017: Der Familien-Pool

Besser gemeinsam

Das Ver­mögen soll bei der Über­tragung auf die nächste Generation oft im Be­stand erhalten bleiben. Daher ist es vor dem Zugriff Dritter und Pflicht­teils­an­sprüchen über­gan­ge­ner Erben zu schützen.

Im Jahr 2015 belief sich das Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (VGR) auf rund 11,2 Billionen Euro. Laut aktueller Studien werden in Deutschland zwischen den Jahren 2012 und 2027 bis zu 400 Milliarden Euro pro Jahr vererbt (DIW Wochenbericht 27/2017). Um eine bestands­er­haltende Übertragung des (Familien-)Vermögens zu erreichen, ist die Übertragung im Rahmen einer steuerrechtlich plan- und gestaltbaren vorweggenommenen Erbfolge ein geeignetes Mittel. Weithin bekannt ist die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt. Auch Familienstiftungen rücken (wieder) verstärkt in den Fokus der Nach­folge­ge­stal­tung. Eine weitere mögliche Nachfolgegestaltung ist die Gründung einer Familien­ge­sell­schaft, auch Familien-Pool genannt.

Gründung und Rechtsform des Familien-Pools

Welche Gesellschaftsform gewählt werden sollte, hängt im Wesentlichen von der Höhe und Struktur des zu übertragenden Vermögens sowie dem Alter und der Anzahl der potenziellen Erwerber ab. Aus steuerrechtlicher Sicht gibt es keine Gesellschaftsform, die der anderen grundsätzlich vorzuziehen wäre. In der Praxis werden als Familien-Pool häufig Personen­ge­sell­schaften (GbR, KG sowie GmbH & Co. KG) gewählt. Das zu übertragende Vermögen wird zunächst in die Familiengesellschaft (Familien-Pool) eingebracht. Je nach Lage des Falls werden die potenziellen Elrwerber vor oder nach der Einbringung an dem Familien-Pool beteiligt. Aus ertragsteuerlicher Sicht muss geprüft werden, ob das zu übertragende Vermögen steuerneutral in den Familien-Pool eingebracht werden kann. Aus schenkungsteuerrechtlicher Sicht ist darauf zu achten, dass die Einbringung von Vermögenswerten unter Beteiligung weiterer Gesellschafter, die ihrerseits keine Vermögenswerte einbringen, grundsätzlich als freigebige Schenkung an die übriugen Gesellschafter zu qualifizieren ist. Das sollte bereits bei Gründung des Familien-Pools berücksichtigt werden, um keine ungewollten, über die jeweiligen Schenkungsteuerfreibeträge der übrigen Gesellschafter hinausgehende Schenkungen auszulösen.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Der wesentliche Vorteil des Familien-Pools liegt in der detailliert planbaren Vermögens­über­gabe an die nächste Generation. Die steuerrechtlichen Frei­be­träge können optimal in einem Zehn­jahre­zyklus aus­ge­schöpft werden, da durch Festlegung der Höhe der übertragenen Anteile ein steuer­pflichtiger Erwerb zielgenau gesteuert werden kann. Daneben ermöglicht die Übertragung der Anteile eine stückweise Übertragung des (Familien-)Vermögens, ohne dass hierfür einzelne Teile aus diesem herausgelöst werden müssen. Es wird stets ein prozentualer Anteil am gesamten (Familien-)Vermögen übertragen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass – in Abhängigkeit von der Höhe sowie der Struktur des übertragenen Vermögens – durch bestimmte Gestaltungen eine Vollverschonung des übertragenen (Familien-)Vermögens erreicht werden kann. Im Idealfall steigt der Wert des Vermögens bereits teilweise im Vermögen der später potenziell als Erben vorgesehenen Personen an und unterliegt somit nicht noch einmal der Erbschaftsteuer, auch wenn die potenziellen Erben noch nicht wirklich umfangreiche Verfügungsrechte besitzen. Das neue Erb­schaft­steuer­recht gewährt für Familienunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen einen Vor­weg­ab­schlag vom Unternehmenswert. Dieser Abschlag kann bis zu 30 Prozent betragen und ist an das Vorhandensein umfassender gesellschaftsvertraglicher Regelungen gebunden, die zwei Jahre vor dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuer vorliegen und für weitere 20 Jahre danach fortbestehen müssen. Wird der Familien-Pool als Kapitalgesellschaft gegründet, ist zu beachten, dass es sich nur dann um be­gün­sti­gungs­fähig übertragbares Betriebsvermögen handelt, wenn der Übergebende zu mehr als 25 Prozent am Nennkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Fehlt es daran, kann der Abschluss einer Pool-Vereinbarung (auch Stimmbindungsvertrag genannt und nicht zu verwechseln mit dem Familien-Pool) unter den Gesellschaftern Abhilfe schaffen. Für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke werden die Anteile der Pool-Mitglieder zusammengerechnet, sodass sich eine übertragene Beteiligung von über 25 Prozent ergeben kann.

Ertragsteuer

Aus ertragsteuerrechtlicher Sicht kann die Verteilung der Einnahmen des FamilienPools durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen Gesellschaftern zugeordnet werden, die über einen geringeren Grenzsteuersatz verfügen. In einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung kann damit die Steuerquote innerhalb der Familie gesenkt werden (sogenanntes FamilienSplitting). Daneben können durch die Einbringung des (Familien-)Vermögens unter Umständen weitere positive Effekte erzielt werden, etwa ein höheres Abschreibungsvolumen bei der Übertragung von Immobilienvermögen auf die Familien­gesell­schaft (sogenanntes AfA-Step-Up).

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Durch die Bündelung des (Familien-)Vermögens im FamilienPool unterfällt es gesell­schafts­recht­lichen Regelungen. Das Gesellschaftsrecht ist in weiten Teilen dispositiv und kann auf die individuellen Bedürfnisse der Familie angepasst werden. So ist der Schenker bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelung auch nach der (teilweisen) Übertragung des (Familien-)­Vermögens nicht von den übrigen Gesell­schaftern abhängig, wenn es darum geht, das (Familien-)Vermögen nach seinen Vorstellungen zu verwalten. Da die Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht zwingend an die gleichzeitige Übertragung der Stimmrechte gekoppelt ist, kann der Schenker wesentliche Teile des (Familien-)Vermögens übertragen, ohne einen Kontrollverlust hinnehmen zu müssen. Werden Vermögensgegenstände übertragen, können Miteigentümergemeinschaften entstehen. Diese unterliegen eigenen zivilrechtlichen Regelungen, die am Ende, auch auf Betreiben eines ihrer Mitglieder, eine zwangsweise Auseinandersetzung der Mit­eigen­tümer­ge­mein­schaft durch Teilungsversteigerung ermöglichen. Gleiches gilt für eine nach dem Tod des Erblassers entstehende Erbengemeinschaft. Diese Gefahr droht beim Familien-Pool grundsätzlich nicht. Zwar kann ein Gesellschafter den Familien-Pool gegen eine Abfindung verlassen. Das hat aber nicht die zwangsweise Verwertung des (Familien-) Vermögens zur Folge, sondern lediglich einen in gewissen Grenzen flexibel gesellschaftsvertraglich ausgestaltbaren Abfindungsanspruch (zum Beispiel unter dem Verkehrswert).

Familienrechtliche Aspekte

Verheiratete Gesellschafter können verpflichtet werden, den Güterstand der Gütertrennung bei Eintritt in die Gesellschaft nachzuweisen, zumindest aber, dass der Geschäftsanteil vom Zugewinnausgleich ausgenommen worden ist. Häufig werden Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich der erworbenen Gesellschaftsanteile in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen. Denkbar sind unter anderem ein generelles Verfügungsverbot (ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter) oder ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter. Auch die Beteiligung minderjähriger Kinder am Familien-Pool ist möglich, um schenk- ungssteuerrechtliche Freibeträge schon frühzeitig auszuschöpfen. Hier bietet sich eine KG-Gründung unter Beteiligung der Minderjährigen als (nicht persönlich haftende) Kommanditisten an. Dabei sind gegebenenfalls gerichtliche Genehmigungserfordernisse zu beachten; in der Regel ist die Bestellung eines Ergänzungs­pflegers notwendig. Man kann aber in jedem Fall die Stimm­be­rech­ti­gung unabhängig von der Beteiligungshöhe regeln und damit die Jugend zwar auf der einen Seite an die Gesellschaft heranführen, deren Verfügungsmöglichkeiten über das (Familien-)Vermögen aber andererseits bewusst einschränken.

Erbrechtliche Aspekte

Grundsätzlich fällt beim Erbfall das gesamte Vermögen des Erblassers in den Nachlass. GmbH-Anteile sind nach dem gesetzlichen Regelstatut frei vererblich. Bei einer Kommanditgesellschaft (KG) wird die Gesellschaft mit den Erben eines verstorbenen Kommanditisten fortgesetzt. Im Falle einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird diese durch den Tod eines Gesellschafters grundsätzlich aufgelöst. In allen Fällen können jedoch Fortsetzungsklauseln gesell­schafts­ver­trag­lich vereinbart und das Eintrittsrecht des Erben auf gesellschaftsrechtlicher Ebene eingeschränkt werden, Stichwort: Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht. So kann der Gesellschaft (Kapital­ge­sell­schaft) und/oder den Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, den betreffenden Gesellschaftsanteil einzuziehen oder zwangsabtreten zu lassen, was jeweils unterschiedliche erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Konsequenzen zur Folge hat. In beiden Fällen muss der Erbe in der Regel abgefunden werden. Ein weiterer Aspekt sind Pflichtteilsansprüche von Abkömmlingen, die aus einem Geldanspruch in der Höhe des hälftigen Werts seines gesetzlichen Erbteils bestehen. Auch Schenkungen, die der Erblasser innerhalb von zehn Jahren vor seinem Ableben gemacht hat, werden dem Nachlass für Zwecke der Pflichtteilsberechnung wieder hinzugerechnet; insoweit können Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht werden. Bei Schenkungen unter einem (Total-)Nießbrauchsvorbehalt beginnt die zehnjährige Frist in der Regel nicht zu laufen. Durch einen Familien-Pool können auch diese Ansprüche des übergangenen gesetzlichen Erben minimiert werden. Bei entsprechender Ausgestaltung fällt der Anteil am Familien-Pool und damit auch das darin gebündelte (Familien-)Vermögen erb- und pflicht­teils­recht­lich nicht in den Nachlass. Wurden die Beteiligungen am Familien-Pool innerhalb von zehn Jahren geschenkt, kann das zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen, die jedoch bei richtiger Gestaltung minimiert werden können. Dennoch kann es sinnvoll sein, mit Gesellschaftern, die dem Familien-Pool neu beitreten, einen Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen.

Fazit

Die Einrichtung eines Familien-Pools kann ein geeignetes Gestaltungsmittel sein, um (Familien-)Vermögen steuerschonend auf die nächste Generation zu übertragen. Das gilt vor allem dann, wenn der Schenker zwar zu Lebzeiten Vermögen, aber nicht die Kontrolle darüber aus der Hand geben will. Daneben lässt sich durch eine gesellschaftsrechtliche Gestaltung eine Vielzahl von positiven Effekten erzielen, um das (Familien-)Vermögen vor Ansprüchen Dritter oder eines nicht bedachten Pflichtteilsberechtigten zu schützen. Es ist aber zwingend darauf zu achten, dass die gesellschaftsvertraglichen Regelungen nicht im Widerspruch zu den letztwilligen Verfügungen des Schenkers stehen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die durch den Familien-Pool angestrebten Vorteile in erbschaft- und schenkungsteuerrechtlicher sowie zivilrechtlicher Sicht auch tatsächlich erreicht werden können.

 

Quelle: DATEV magazin, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 11/2017. Autor: Matthias H. Greite LL. M. (Taxation).

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