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Topthema 02/2021: Elterngeld für Selbständige kann das Ein­kom­men sichern

Das El­tern­geld für Selb­stän­di­ge bie­tet Ab­si­che­rung. Es gibt aber Fra­gen zu Hin­zu­ver­dienst, Kran­ken­ver­si­che­rung und Be­rech­nungs­grund­la­ge. Weil das Pro­ze­de­re kom­pli­zier­ter ist als bei An­ge­stell­ten, soll­ten Un­ter­neh­mer früh­zei­tig mit ih­rem Steu­er­be­ra­ter sprechen.

Für Kind oder Kinder da sein und trotzdem Einkünfte erzielen – das ist vereinfacht gesagt die Idee des Elterngelds. So erhalten Eltern aus öffentlichen Mitteln eine weitere finanzielle Unterstützung. Auch Selbständige haben laut Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen Anspruch. Während die Krankenkasse an gesetzlich Versicherte das Mutterschaftsgeld auszahlt, überweist die vom jeweiligen Bundesland dafür bestimmte Elterngeldstelle das Elterngeld. Bei ihr müssen selbständige Mütter und Väter das Elterngeld oder Elterngeld Plus beantragen. In manchen Bundesländern geht dies bereits digital. Wie auch andere Transferleistungen bemisst sich das Elterngeld am Nettoeinkommen. Für Selbständige gelten grundsätzlich die gleichen Regeln wie für Festangestellte. Nur das Prozedere ist komplizierter. Für Selbständige ist die Berechnungsgrundlage für das Elterngeld oder Elterngeld Plus ihre Gewinnermittlung – sie sollten mit dem Steuerberater aber ausführlich auch über Themen wie die Krankenversicherung, den Bemessungszeitraum oder einen Hinzuverdienst etwa über selbständige Einkünfte während der Elternzeit sprechen. Nur Experten wissen genau, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich dort bieten.

Elterngeld lässt sich auch für Selbständige beantragen

Die wichtigste Nachricht: Elterngeld oder Elterngeld Plus gibt es auch für Selbständige. Dabei gilt: Der Mindestbetrag von monatlich 300 Euro steht allen Eltern einkommensunabhängig zu. Diesen Teil vom Elterngeld gibt es für nicht erwerbstätige ebenso wie für selbständige Mütter oder Väter. Darüber hinaus gehende Zahlungen sind bei Selbständigen wie Angestellten einkommensabhängig. Die Leistung kann von 65 bis 100 Prozent des früheren monatlichen Nettoeinkommens reichen, ist aber bei 1.800 Euro gedeckelt. Das gibt das Bundeselterngeldgesetz vor. Entsprechend beträgt das Elterngeld Plus die Hälfte dieses Betrags – für die jeweils doppelte monatliche Dauer. Für den Hinzuverdienst gilt beim Elterngeld für Selbständige wie alle anderen: Wer mehr als 30 Stunden arbeitet, hat keinen Anspruch. Er erhält kein Elterngeld, auch wenn sein Einkommen geringer ist als vor der Geburt des Kindes. Das gleiche gilt, wenn Antragsteller 250.000 Euro oder mehr verdienen beziehungsweise 500.000 Euro als Paar.

So lange wird Elterngeld für Selbständige gezahlt

Regulär ist das Elterngeld für Selbständige wie für alle anderen Bezieher auf zwölf Monate nach der Geburt begrenzt. Vier von fünf Vätern beanspruchen beim Elterngeld laut Bundesfamilienministerium zusätzlich die zwei Partnermonate. Damit können Paare, die sich die Elternzeit teilen, ihren Anspruch auf insgesamt 14 Monate ausweiten. Alleinerziehenden mit zumindest alleinigem Aufenthaltsbestimmungsrecht stehen die 14 Monate volles Elterngeld laut §4Abs.3 BEEG allein zu. Interessant für Selbständige, die in der Elternzeit einen Hinzuverdienst zum Elterngeld haben: Der Bezug von Elterngeld lässt sich unterbrechen und wiederaufnehmen – bis zum dritten Lebensjahr des Kindes, bei Adoptivkindern bis zum achten Lebensjahr. In Bayern und Sachsen gibt es außerdem anschließend Landeselterngeld. Dieses ist an weitere Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise kinderärztliche Untersuchungen. Ein Gesetzesentwurf sieht – wahrscheinlich ab 1. September 2021 – in manchen Fällen eine verlängerte Bezugsdauer vor. Für Kinder, die mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommen, soll es einen zusätzlichen Monat Elterngeld geben.

Elterngeld Plus lässt für Selbständige viel Ge­stal­tungsraum

Sind sie während der Elternzeit in Teilzeit tätig, ist beim Elterngeld für Selbständige durch den Hinzuverdienst das Elterngeld Plus interessant. Das Elterngeld Plus ist nur halb so hoch wie das reguläre Elterngeld, läuft dafür aber doppelt so lange. Analog verdoppeln sich mögliche Zusatzansprüche. Arbeiten beide Partner – selbständige Väter und Mütter ebenso wie angestellte – gleichzeitig für vier Monate bis zu maximal 30 Wochenstunden jeweils in Teilzeit, bekommen sie statt der regulär zwei zusätzlichen Partnermonate vier Monate beim Elterngeld Plus obendrauf. Alleinerziehende können zum Elterngeld Plus den dann viermonatigen Partnerschaftsbonus selbst beantragen. Mütter und Väter, die bis zu 30 Stunden in Teilzeit tätig sind, stellen sich mit Elterngeld Plus meistens besser als mit dem regulären Elterngeld. Selbständige Eltern sollten detailliert mit ihrem Steuerberater besprechen, welche Aufteilung beim Elterngeld für sie ratsam ist. Das gilt zeitlich, aber auch unter den Partnern. Sinnvoll können auch aktuelle Änderungsanträge sein, wenn sich zwischenzeitlich die Auftragslage ändert.

Selbständige können Elterngeld auf ih­re Ar­beit abstimmen

Beim Elterngeld für Selbständige ebenso wie für Angestellte besteht die Möglichkeit zum Hinzuverdienst während der Elternzeit – in Teilzeit oder projektweise. Mehr als 30 Wochenarbeitsstunden sind in Elterngeldmonaten aber nicht drin. Gezahlt wird Elterngeld für höchstens 14 Monate innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes. Die Bundesregierung will dadurch den raschen Wiedereinstieg in den Beruf fördern. Diese Regeln verschaffen auch gerade Selbständigen viel Flexibilität. Selbständige Mütter und Väter können beispielsweise erst einige Monate aussetzen und regulär Elterngeld beziehen. Anschließend wechseln sie dann zum Elterngeld Plus, etwa um mit reduzierter Stundenzahl zu arbeiten. Oder Selbständige wählen Elterngeld Plus und pausieren vorübergehend mit dem Elterngeld, um ein größeres Projekt abzuwickeln – ohne durch den Hinzuverdienst finanzielle Ansprüche zu verlieren. So können Selbständige auch dafür sorgen, dass etwa vor der Geburt des Kindes erbrachte Leistungen nicht auf das Elterngeld angerechnet werden. Die anschließenden Geldeingänge und den Elterngeldbezug sollten Selbständige aufeinander abstimmen. Dabei hilft der Steuerberater.

Berechnungs­grund­la­ge: Für Selbständige die Ge­winn­ermittlung

Wie hoch das Elterngeld ist, richtet sich nach dem Nettoeinkommen des Elternteils, das es beantragt. Bei Selbständigen ist der entgangene Gewinn nach Abzug der Steuern entscheidend. Berechnungsgrundlage beim Elterngeld oder Elterngeld Plus für Selbständige ist der Steuerbescheid auf Basis der Gewinnermittlung des Vorjahres. Liegt er noch nicht vor, zahlt die Elterngeldstelle auf Basis einer vorhandenen Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder von Bescheiden über die Einkommensteuervorauszahlung. Anders als bei Angestellten zählt damit für die Berechnung des Elterngeldes bei Selbständigen nicht die Höhe des Nettos der vorherigen zwölf Monate, sondern das Einkommen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes. Liegt der letzte Steuerbescheid länger zurück, lohnt die Rücksprache mit dem Steuerberater und der Familienkasse. Das gilt auch bei Schwankungen von Arbeit und Hinzuverdienst oder sonstigen Besonderheiten – etwa vorheriger Elternzeit oder längerer Erkrankung. Einige Elterngeldstellen nutzen bei Selbständigen dann zur Bemessung den vorherigen Zwölfmonatszeitraum, belegt durch eine Gewinnaufstellung des Steuerberaters oder Antragstellers.

Durch Hin­zu­ver­dienst droht beim Elterngeld ei­ne Rückzahlung

Beim Elterngeld für Selbständige ganz wichtig: Amtlich rechtskräftig abgerechnet wird das Elterngeld für sie erst nach dem Ende des Bezugszeitraums. Per Steuerbescheid müssen sie dann nachweisen, dass das Elterngeld ihnen wirklich nur entgangenes Einkommen ersetzt hat. Denn nur das soll es ja. Durch die Höchstgrenze beim Elterngeld ist auch das anrechenbare Einkommen auf maximal 2.770 Euro monatlich gedeckelt. Das gilt ebenso für die Berechnung von Elterngeld Plus. Ein möglicher Mehrgewinn mindert den Elterngeldanspruch natürlich weiter. Deshalb sollten Selbständige während der Elternzeit mögliche Gewinnschwankungen unbedingt gut im Auge behalten und mit ihrem Steuerberater auch gestalten. Das geht etwa durch das zeitliche Anpassen von Aufträgen oder Rechnungen. Ist der Hinzuverdienst in der Elternzeit höher als laut Berechnungsgrundlage für das Elterngeld ursprünglich erwartet, müssen Selbständige zu viel überwiesenes Elterngeld zurückzahlen. Sie sollten mit dem Steuerberater klären, ob und wie sie das über Gestaltung verhindern können – oder zeitnah entsprechende Rücklagen bilden.

Weitere Kin­der kön­nen An­spruch auf Elterngeld erhöhen

Beim Elterngeld gibt es – nicht nur für Selbständige – einen Geschwisterbonus als Aufschlag. Eltern bekommen den Aufschlag, wenn ein Kind unter drei Jahren oder zwei Kinder unter sechs Jahren im Haushalt leben – das Neugeborene nicht mitgezählt. Auch für ein weiteres Kind mit mindestens 20-prozentiger Behinderung unter 14 Jahren, gibt es den Aufschlag. Der Geschwisterbonus beträgt zehn Prozent vom Elterngeld, mindestens jedoch 75 Euro monatlich. Für Mehrlingsgeburten winkt zusätzlich ein Mehrlingsbonus in Höhe des Mindestelterngelds von je 300 Euro monatlich – beziehungsweise 150 Euro beim Elterngeld Plus. Er gilt für das zweite und jedes weitere Kind bei Mehrlingsgeburten. Für jedes einzelne neugeborene Kind haben Eltern nach Auffassung des Bundessozialgerichts einen eigenen Elterngeldanspruch. Allerdings erhöht sich der einkommensabhängige Teil des Elterngeldes bei Mehrlingen über die Pauschale hinaus nicht.

Das gilt beim Thema Elterngeld und Kran­ken­ver­sicherung

Sind Selbständige in der Krankenversicherung gesetzlich pflichtversichert, fallen während des Bezugs vom Elterngeld keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Während der Elternzeit bleiben sie dennoch weiter gesetzlich krankenversichert. Anders ist das für freiwillig gesetzlich krankenversicherte Selbständige. Sie müssen grundsätzlich weiter Beiträge zahlen. Es sei denn, ohne die freiwillige Versicherung liegen die Voraussetzung für eine Familienversicherung vor. Dann sind selbständige Väter und Mütter als Empfänger vom Elterngeld für die Dauer der Elternzeit beitragsfrei über den Partner versichert. Privat krankenversicherte Selbständige zahlen regulär weiter Beiträge – und sollten sich auch um eine Police für das Kind kümmern.

Das müs­sen Selbständige beim Elterngeld steu­er­lich beachten

Zum Thema Steuern und Elterngeld gibt es eine gute Nachricht für Selbständige. Wenn das Elterngeld für Selbständige wegen Hinzuverdienst zu einer Elterngeld-Rückzahlung führt, vermindert sich im Jahr der Rückzahlung das steuerpflichtige Einkommen. Der Hintergrund – und das ist zugleich die schlechte Nachricht: Das Elterngeld selbst ist nicht steuerpflichtig – aber unterliegt dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das bedeutet: Elterngeld oder Elterngeld Plus addiert sich zum zu versteuernden Einkommen im Jahr des Elterngeldbezugs hinzu. Auf dieser Einkommensbasis wird der Steuersatz für die Einkommensteuer ermittelt und dann auf das zu versteuernde Einkommen ohne Elterngeld angewandt. Um hierfür eine ausreichende Steuerrücklage zu bilden, sollten Selbständige ihren Steuerberater bereits mit Blick auf ihre Finanzplanung fragen. Rücklagen sollten Selbständige also nicht nur für etwaige Rückzahlungen bilden – sondern auch schon für den zu erwartenden Steueranteil vom Elterngeld.

 

Quelle: DATEV TRIALOG, Das Magazin für erfolgreiche Unternehmen & Selbstständige, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Autor: vam 18. JANUAR 2021. Artikel aufrufbar unter: https://www.trialog-magazin.de/personal-und-fuehrung/elterngeld-kann-fuer-selbstaendige-das-einkommen-sichern/

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