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Topthema 07/2018: Gesetzlicher Mindestlohn

9,19 Euro ab 2019 – schon jetzt sollten Betriebe darauf reagieren

Der Mindestlohn steigt. Firmenchefs sollten rasch prüfen, wie sich das auf die Zahl der Arbeitsstunden von Minijobbern, Einsatzpläne und Kalkulationen auswirkt. Sonst drohen Bußgelder und Strafverfahren.

Bald also 9,19 Euro pro Stunde. Die Mindestlohnkommission hat empfohlen, dass die gesetzliche Lohnuntergrenze zum 1. Januar 2019 auf diesen Satz und zum 1. Januar 2020 weiter auf 9,35 Euro steigen soll. Derzeit liegt sie bei 8,84 Euro. Die Erhöhung scheint ein kräftiger Schluck aus der Pulle, reicht aber selbst manchem Arbeitgeber nicht. Der meinungsstarke Trigema-Chef Wolfgang Grupp etwa, der stets betont, dass seine Textilien auf der Schwäbischen Alb zusammengenäht werden, nennt es eine Schande für Unternehmer, dass überhaupt in Deutschland ein Mindestlohn eingeführt werden musste. Firmen sollten angemessene Löhne zahlen, von denen Mitarbeiter in der Region ihren Lebensunterhalt finanzieren könnten – bei ihm gebe es mindestens 9,80 Euro pro Stunde und bei guten Leistungen bereits nach einigen Wochen eine Lohnerhöhung. Nach Berechnungen der Bundesregierung müsste ein Geringverdiener sogar 12,63 Euro pro Stunde verdienen, um im Alter nicht von Grundsicherung abhängig zu sein. Auf diesem Niveau dürfte der gesetzliche Mindestlohn jedoch kaum so schnell landen. Tatsächlich läge er hierzulande mit 9,19 beziehungsweise 9,35 Euro knapp hinter der europäischen Spitzengruppe mit Ländern wie Luxemburg, Frankreich und Irland, aber vor Großbritannien und gut doppelt so hoch wie in Spanien.

Bei Minijobbern rechtzeitig die Stundenzahl anpassen

Die meisten Unternehmer dürften aber – im Gegensatz zu Wolfgang Grupp – weniger über den grundsätzlichen Sinn des gesetzlichen Mindestlohns philosophieren, als sich mit den konkreten Auswirkungen auf ihren Betrieb zu beschäftigten. Jede Erhöhung macht bei den betroffenen Unternehmen die Neukalkulation der Preise notwendig und eventuell Preiserhöhungen unumgänglich. Ebenso wichtig: Für Minijobber muss der Firmenchef rechtzeitig vor Inkrafttreten der neuen Lohnuntergrenze die Stundenzahl anpassen, weil sie künftig mit weniger Arbeitszeit die 450-Euro-Grenze erreichen. Diese Grenze aber darf rein rechnerisch um keinen Cent überschritten werden, da sonst alle Vorteile eines Minijobs entfallen. Deshalb sollen entsprechende Verträge möglichst bald mit dem Steuerberater geprüft und Einsatzpläne angepasst werden.

Manche Prämien zählen bei der Mindestlohn-Berechnung

In so einem Gespräch kann der Firmenchef mit dem Steuerberater auch gleich klären, ob neuere Urteile zum Mindestlohn sich in seinem Betrieb darauf auswirken, wie die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns berechnet wird. So sind beispielsweise bestimmte Prämien mindestlohnwirksam, dürfen also einbezogen werden, wenn die Höhe des Stundenlohns ermittelt wird. Das gilt etwa für eine „Immer-da-Prämie“, mit der der Unternehmer honoriert, dass ein Mitarbeiter sich weniger oft krank meldet. Oder für eine Sonderzahlung, die fällig wird, wenn der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz besonders sauber hält. Firmenchefs könnten also zusammen mit dem Steuerberater überlegen, welche Prämien gleichzeitig Anreize für Arbeitnehmer schaffen und durch ihre Zahlung helfen, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen. Das kann laut Bundesarbeitsgericht auch eine Treueprämie sein.

Entgeltfortzahlung immer mit Steuerberater ausrechnen

Anderseits müssen Unternehmer daran denken, dass der gesetzliche Mindestlohn eine Untergrenze definiert, die grundsächlich einzuhalten ist – auch in Sondersituationen. So hat das Bundesarbeitsgericht etwa entschieden, dass sich die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen – falls kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach dem Mindestlohngesetz richtet. Sieht ein Tarifvertrag einen Nacht­arbeits­zuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch dieser mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen. Auch wichtig: Wer die Beschäftigten durch leistungsorientierte Entlohnung gemäß einer Akkordstaffel bezahlt, muss mit Steuerberater oder Anwalt gut klären, welche Ausgangswerte zugrunde gelegt werden, um nicht gegen das Mindestlohngesetz zu verstoßen – und seine aktuellen Sätze unter diesem Aspekt eventuell zum 1. Januar 2019 anpassen. Bei Verstößen werden natürlich weiterhin saftige Bußgelder und Nachzahlungen fällig, sobald eine Betriebsprüfung oder eine Razzia des Zolls respektive der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) entsprechende Hinweise zutage fördert.

Quelle: DATEV TRIALOG, der Blog für Unternehmer, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Autor: Frank Wiercks am 27.06.2018 um 11:46. Artikel aufrufbar unter: https://www.trialog-unternehmerblog.de/2018/06/27/919-euro-ab-2019-schon-jetzt-sollten-unternehmer-darauf-reagieren/

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