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Topthema 11/2014: Betriebsprüfung

Mit Hightech gegen die Angst

Elektronische Daten ermöglichen es dem Fiskus, die Finanzbuchhaltung detailliert unter die Lupe zu nehmen. Wer moderne Kassensysteme sowie E-Rechnungen nutzt und zudem rechtssicher archiviert, muss weder Fehlbuchungen noch Fragen fürchten.

Das Thema Betriebsprüfung lässt Thomas Gauß kalt. Bis ins Detail nahmen die Finanzbeamten vergangenes Jahr seine Buchhaltung auseinander. „Mit einem fast fehlerfreien Ergebnis“, freut sich der Unternehmer, der in Heilbronn zwei Sportgeschäfte führt. Sogar bei der Kassenbuchführung, die dem Fiskus in Handel und Gastronomie oft Anlass zu Beanstandungen gibt, fanden sich keine Auffälligkeiten. „Wir nutzen ein modernes elektronisches System“, so Gauß. Der Firmenchef kooperiert mit der Verbundgruppe Intersport und kann sich zudem auf das Know-how seines Steuerberaters verlassen.

Gauß hat eine Kasse, die – neben dem vorgeschriebenen Z-Bon – täglich automatisch ein Verkaufsjournal erstellt, das Bons und Bargeldbestand dokumentiert. Er muss abends nur noch nachzählen, ob der Endbetrag auch in der Schublade liegt: „Das Finanzamt meint, dass wir die Grundsätze ordnungsgemäßer Kassenbuchführung strikt einhalten.“ Bei der Prüfung ging es aber auch um andere Belege – mit spezieller Software analysierte der Fiskus die Zahlen, die Gauß in elektronischer Form speichert: „Wir haben dafür nach Absprache mit unserem Steuerberater alle relevanten Datenbestände übergeben.“

Veraltete Kassen sind ein Risiko

So modern läuft die Buchführung nicht überall. Vielerorts stehen noch alte Kassen. Dabei verfügt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums, alle Einzeldaten inklusive der elektronisch mit einer Kasse erzeugten Rechnungen unveränderbar und vollständig aufzubewahren, statt nur Rechnungsendsummen zu archivieren oder Unterlagen ausgedruckt aufzubewahren. Sie müssen digital über zehn Jahre verfügbar sein, sodass der Fiskus sie elektronisch auswerten kann. Bis Ende 2016 gilt eine Übergangsfrist für die Anschaffung neuer Kassensysteme, dann müssen veraltete Anlagen aufgerüstet oder ausgetauscht sein. Die entsprechende Investition sollte gut überlegt sein. Nicht jede technische Lösung eignet sich für jeden Betrieb. Außerdem ist das Thema Datenspeicherung zu beachten, denn manche Systeme nutzen die Cloud. Dabei gilt für den Standort der Server: Steuerlich relevante Informationen sind generell in Deutschland aufzubewahren. In EU- oder EWR-Staaten ist das nur unter Auflagen möglich, wenn die deutsche Finanzbehörde jederzeit darauf zugreifen kann. Auf solche Details achtet der Steuerberater.

Um mögliche Fragen der Betriebsprüfer klären zu können, braucht es aber oft mehr als Technik. Helmut Friederici, Vorstandsmitglied der Steuerberaterkammer Düsseldorf und des Steuerberaterverbands, rät vor allem Einzelhändlern sowie Gastronomen: „Unternehmer sollten schriftlich vermerken, falls und warum sie an bestimmten Tagen antizyklische Umsatzschwankungen verzeichnen.“ Wer beispielsweise Rabatte zum Saisonende auslobt, um den Umsatz anzukurbeln, sollte entsprechende Anzeigen archivieren. Man kann auch vermerken, dass es wetterbedingt oder durch Bauarbeiten zu Umsatzeinbrüchen gekommen ist. Ohne solche Begründungen vermuten Finanzbeamte gern, dass die Kassenbuchführung nicht ordnungsgemäß sein könnte. „Dann ist es gut, wenn der Unternehmer eine Erklärung liefern kann“, so Friederici.

Fiskus setzt Prüfsoftware ein

Feststellen kann das Finanzamt Umsatzschwankungen oder Unregelmäßigkeiten in der Buchführung durch spezielle Software in wenigen Minuten. Die Prüfer dürfen elektronisch gespeicherte Daten im betrieblichen EDV-System unmittelbar einsehen – soweit sie steuerlich relevant sind. Geschäftliche Mails anderer Art sind tabu. Zur Analyse nutzen die Finanzbeamten den sogenannten Chi-Quadrat-Test und die Software IDEA. Mit dem Chi-Quadrat-Test prüfen sie, ob bestimmte Erwartungen tatsächlich eintreffen.

Bei einer nicht manipulierten Buchführung müsste nämlich jede Ziffer vor dem Komma ungefähr gleich häufig erscheinen. „IDEA deckt unter anderem einfach Lücken in den Datenbeständen oder Doppelungen bei der Vergabe von Rechnungsnummern auf“, erklärt Friederici. Die Software filtert beispielsweise heraus, wie hoch der Umsatz mit einzelnen Kunden ist oder wie viele Rechnungen gestellt wurden. Ermitteln kann der Betriebsprüfer mithilfe von Zeitreihenanalysen auch, inwieweit ein Abbau des Lagerbestands mit den Ausgangsrechnungen übereinstimmt.

Vorteile der E-Rechnung nutzen

Um Nachfragen der Betriebsprüfer exakt beantworten zu können, sollten Unternehmer akribisch darauf achten, alle rechtlichen Vorgaben einzuhalten – nicht nur bei der Kasse, sondern auch im Umgang mit elektronischen Rechnungen. Viele Unternehmen verschicken mittlerweile Rechnungen per E-Mail. „ERechnungen müssen seit etwa drei Jahren keine elektronische Signatur mehr enthalten“, so Stefan Groß, Vorsitzender des Verbands elektronische Rechnungen (VeR). Dafür gelten viele andere Anforderungen.

Unter anderem sind die Dateien zehn Jahre elektronisch aufzubewahren, sonst droht Ärger mit dem Fiskus. Kaspar Althaus, Vorstand des Catering-Unternehmens aveato in Berlin, nutzt aus diesem Grund die Software DATEV Unternehmen Online. „So sind wir auf der sicheren Seite, denn unsere Daten werden im Rechenzentrum der Genossenschaft archiviert.“ Er verschickt seine Rechnungen über einen Dienstleister, der alle Daten für die Verbuchung im DATEV-Programm aufbereitet. „Wir fakturieren also komplett elektronisch und erzielen damit Kostenvorteile“, freut sich Althaus.

Damit zählt der Caterer zu den Pionieren in Deutschland. Noch erreicht nur jede fünfte Rechnung elektronisch den Empfänger, schätzt der Verband elektronische Rechnung – obwohl damit nach einer internationalen Studie des Institute of Financial Operations 40 Prozent der Anwender ähnliche Kostenvorteile erzielen wie Althaus (siehe Tabelle). In 39 Prozent der Betriebe werden elektronische Rechnungen als PDF-Datei verschickt. 18 Prozent nutzen XML-E-Invoices über einen Dienstleister. Problematisch ist dabei, dass zahlreiche Unternehmen diese Rechnungen nicht vollelektronisch verarbeiten können. Das führt zu Effizienzverlusten. Die EU-Kommission plant daher eine einheitliche europäische Vorgabe für die vollautomatische Verarbeitung von elektronischen Rechnungen. Nutzen beide Seiten den Standard, lassen sich die Daten automatisch in die IT integrieren und prüfen. Die Rechnung wird nach dem Gegencheck zur Überweisung freigegeben.

„Zugpferd“ ist der neue Standard

In Deutschland etabliert sich im Rahmen dieses von der EU geplanten sogenannten E-Invoicing-Standards momentan ein nationales Dateiformat mit der Bezeichnung ZUGFeRD. Das Kürzel steht für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“. Beteiligt an der Entwicklung sind Verbände, Bundesministerien sowie Unternehmen. Via ZUGFeRD kann die elektronische Rechnung als PDF-Datei mit integrierter XML-Datei übermittelt und empfangen werden. Das Format ermöglicht die automatische Weiterverarbeitung beim Empfänger.

Den deutschen Standard können kleine und mittlere Unternehmen schon jetzt verwenden, um Prozesse der Finanzbuchführung, des Electronic Bankings und der Archivierung von Rechnungen im Unternehmen noch effizienter zu gestalten. Für Verbandschef Stefan Groß kommt das Format, über das auch DATEVAnwendungen ab Herbst 2014 Daten auslesen können, zum richtigen Zeitpunkt: „Damit lässt sich genau das erreichen, was die EU-Richtlinie intendiert – eine weitere Automatisierung des Rechnungsversands und der Rechnungsverarbeitung.“

Elektronische Rechnung

Welche Vorteile die Unternehmer vom E-Invoicing erwarten

Schnellere Rechnungsstellung 44 %
Geringere Kosten 40 %
Mehr Qualität 30 %
Weniger Fehler 28 % Bessere Geschäftsbeziehungen 19 % Früherer Zahlungseingang 9 %

Quelle: Global E-Invoicing Study 2012, Mehrfachnennung möglich

Umfassender Zugriff

So nutzen Prüfer des Finanzamts die Datenbestände eines Unternehmens

LESEZUGRIFF: Der Prüfer darf elektronisch gespeicherte Daten im betrieblichen IT-System direkt einsehen, hat aber nur einen Lesezugriff. Parallel kann er eine Datenträgerüberlassung fordern. Dann muss der Unternehmer die Daten auf sein Notebook kopieren. Eine dort installierte Analysesoftware kann mithilfe statistischer Methoden mögliche Unregelmäßigkeiten aufdecken.

PRÜFSOFTWARE: Der Fiskus nutzt das Programm IDEA, mit dem die Daten der Buchhaltung im-portiert und nach Bedarf analysiert werden können. Das lässt unter anderem Plausibilitätsprüfungen und Zeitreihenvergleiche zu, etwa die Gegenüberstellung von Wareneinsatz und Umsatz oder Analysen der Kennzahlen. DATEV ACL comfort ermöglicht dem steuerlichen Berater bereits im laufenden Jahr – auch zeitgesteuert – Prüfungsschritte, um Auffälligkeiten zeitnah zu entdecken und gegebenenfalls zu korrigieren. Das erlaubt eine entsprechende Qualitätssicherung und kann böse Überraschungen in der Betriebsprüfung verhindern.

DATENSCHUTZ: Die Beamten nehmen Daten oft auf CD oder DVD gespeichert mit ins Finanzamt. Nach der Prüfung sind diese Informationen zu löschen, sie dürfen nur zu Kontrollzwecken in anonymisierter Form aufbewahrt werden.

Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 4/2014. Text: Eva-Maria Neuthinger.

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