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Topthema 11/2016: Betriebliche Kinderbetreuung

Grund zu allgemeiner Freude

Sorgen sich Mitarbeiter um die Kinderbetreuung, sind sie weniger konzentriert. Hier können Firmenchefs mit entsprechenden Angeboten gegensteuern. Auch kleine Unternehmen haben durchaus die Möglichkeit, Plätze in einer betriebsnahen Kita zu stellen.

Viele Unternehmer sehen ungenutzte Büros als Last – sie verursachen nur Kosten. Verena Patrias empfand es als Segen, dass bei der Wheels Logistics GmbH & Co. KG ein Teil des Firmengebäudes leer stand. So konnte die Area-Managerin der Spedition in Münster ihre Idee zur betrieblichen Kinderbetreuung für gut 80 Mitarbeiter realisieren: „Wir haben uns vom Jugendamt über die Möglichkeiten beraten lassen und um Auskunft gebeten, ob die Räume dafür infrage kommen.“ Mit dem positiven Bescheid begann Anfang 2012 der Umbau, installiert wurden unter anderem eine weitere Tür sowie Toiletten und Waschmöglichkeiten in Kindergröße. Dazu entstand ein Freigelände mit Sandkasten und Spielgeräten. Im Oktober ging die firmennahe Kinderbetreuung zur Freude der Angestellten los – viele Firmenchefs kennen die Situation, dass Eltern nach den Sommerferien um flexible Arbeitszeiten bitten, da es nicht mit der geplanten Kinderbetreuung klappt und nun Improvisieren angesagt ist. Wer Mitarbeiter sucht oder Fachkräfte ans Unternehmen binden will, sollte Angebote zur betrieblichen Kinderbetreuung prüfen. Sie können bei Bewerbern ausschlaggebend für die Zusage sein und gesuchte Spezialisten von der Abwanderung abhalten. Das Gründen einer eigenen Einrichtung und das Bezuschussen einer anderweitigen Unterbringung der Kinder sollte aber mit Anwalt und Steuerberater besprochen werden. Hierbei gilt es unter anderem zu klären, wie sich die Angebote steuerlich für das Unternehmen als Betriebsausgaben sowie für die Beschäftigen als geldwerter Vorteil auswirken. Überdies könnte eine Förderung in Höhe von 9.600 Euro pro Betreuungsplatz durch das Bundesfamilienministerium drin sein. Zudem müssen mit dem Anwalt das Genehmigungsverfahren und mögliche Haftungsrisiken oder Versicherungspflichten diskutiert werden.

Schulferien sind ein Problem

Sind diese Fragen beantwortet, steht der betrieblichen Kinderbetreuung nichts mehr im Weg, und der Firmenchef hat ein gutes Argument bei der Mitarbeitersuche. Jeder Dritte der 25- bis 39-Jährigen würde den Job wechseln, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen, so eine Studie des Bundesfamilienministeriums. Mit Konzepten für die betriebliche Kinderbetreuung punkten können Unternehmen vor allem, weil der seit August 2013 geltende Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr nur auf dem Papier besteht. In vielen Regionen sind verlässliche Strukturen weiter Mangelware. Eng ist es zudem nicht nur für Eltern mit kleinen Kindern. Es fehlen auch Ganztagsbetreuungs- oder Hortplätze für Fünftklässler. Und praktisch unvereinbar mit dem Beruf sind natürlich zwölf Wochen Schulferien – vielerorts völlig ohne Betreuungsmöglichkeit.

Betreuung im Betrieb entlastet

Bei Wheels Logistics muss sich darüber niemand mehr Gedanken machen. Zur Betreuung von neun Kindern gibt es jetzt eine sogenannte Großtagespflegeeinrichtung. „Ein Betriebskindergarten wäre organisatorisch zu aufwändig gewesen“, so Patrias. Sie hätte sich auch vorstellen können, Plätze in vorhandenen Kitas für die Kollegen zu buchen, wären die eigenen Räume als untauglich eingestuft worden – oder den Einsatz selbstständiger Tagesmütter, die das Jugendamt ausbildet. Letztlich aber wählte Patrias das „Mini-Betriebskindergarten“ genannte Modell, in dem sich mehrere Tagesmütter zur Großtagespflege in einer externen Einrichtung für die Kinderbetreuung zusammentun, in diesem Fall auf dem Wheels-Gelände. Fünf Plätze stehen Kindern der Mitarbeiter zu, vier Studenten der benachbarten Polizeihochschule, mit der kooperiert wird. „Das kam über das Jugendamt zustande und passte zufällig gut“, sagt Patrias. Freie Plätze gehen an externe Kinder. Zwei selbstständige Tagesmütter haben die Räume vom Unternehmen gemietet. Das Geld bekommen sie vom Jugendamt, die Eltern zahlen der Stadt bruttolohn- und stundenabhängige Beiträge. Um den Tagesmüttern die für die relativ langen Öffnungszeiten von 7.30 bis 17 Uhr nötige finanzielle Planungssicherheit zu geben, sicherte Wheels zu, finanzielle Lücken zu schließen, die entstehen, falls ein Platz für ein Mitarbeiterkind freigehalten wird oder Kinder nicht gleich für die ganze Betreuungszeit angemeldet werden. „Außerdem wir stellen ein Extrabudget für Spielzeug, Essen, Obst und Getränke zur Verfügung“, so Patrias. Wer sich nicht zutraut, ein derartiges Kinderbetreuungskonzept selbst auf die Beine zu stellen, kann einen der mittlerweile zahlreichen Dienstleister in diesem Bereich einschalten. Zu ihnen gehört Alfons Scheitz. Um für ein Unternehmen eine Betriebskita in einer ehemaligen Hausmeisterwohnung nach dem Vorbild der zuvor für den Eigenbedarf von ihm ins Leben gerufenen Kita zu realisieren, gründete er Impuls Soziales Management in Kassel – als Verein und als GmbH & Co. KG.

Unternehmer müssen handeln

Mit 750 Mitarbeitern betreibt Scheitz rund 35 betriebliche und öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen: „Vom Konzept bis zum Betrieb machen wir alles.“ Über die Fio Consult GmbH werden Machbarkeitsstudien und Platzbedarfsanalysen erstellt, aber auch Themen wie Personalmanagement oder Qualitätsstandards behandelt. Es gibt auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Angebote zur Ferien- oder Notbetreuung im Krankheitsfall – und der Cateringservice „Kita-Express“ liefert kindgerechte Mahlzeiten. Ein Firmenchef kann also viele Wege einschlagen, um seinen Mitarbeitern die Kinderbetreuung zu erleichtern – wichtig ist, dass er sich in diese Richtung bewegt.

Quelle: DATEV Trialog, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 4/2016. Text: Midia Nuri.

 

 

 

 

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